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von Catherine Weitzdörfer 18 Apr., 2024
Das klarste und eindrücklichste Zeichen, dass die Zeitqualität sich allmählich zu Beltane hin wandelt ist für mich immer dann, wenn mich die ersten Duftwolken blühender Büsche oder Bäume streifen. Ein genussvolles innerliches „Ahhhh...wie wunderbar“…..läutet dann in mir diese herrliche Zeit ein, in der auch schönerweise mein Geburtstag liegt. :-))) Beltane, der Beginn des Vollfrühlings, ist die Zeit der Sinnlichkeit, astrologisch die Zeit des Stiers, ein der Venus und damit der Schönheit und dem Genuss zugeordnetes Sternzeichen. Es ist die Zeit, in der die Natur geradezu explodiert und alle unsere Sinne wachrüttelt aus dem Winterschlaf. Die Zeit, in der sie uns mit Gerüchen betört. In der wir an den ersten warmen Tagen wieder mit unseren nackten Füßen über die Erde laufen oder in einem Bach waten können und der Wind wieder unsere Haut erreicht, weil wir nicht mehr so dick eingepackt sein müssen. In der wir Licht tanken und all die bunten Farben der Blüten-Fülle unsere Augen und damit auch unsere Seele erfreuen. In der das Konzert der Vögel tagein tagaus und von Morgens bis Abends unsere Herzen öffnet und in der auch die Geschmäcker wieder unsere Gaumen reizen, allem voran die wieder reichlich vorhandenen frischen Kräuter, die unseren Stoffwechsel in Schwung und damit auch den Körper aus der Winterstarre bringen und so richtig durchputzen. Ja, eine lebendige Zeit!! In alten Zeiten war das Maifest v.a. ein Fest der Fruchtbarkeit, denn diese war entscheidend für das Überleben der Menschen. Bereits jetzt wurden die ersten Weichen gestellt, ob man den nächsten Winter überleben würde. Wir können uns das heute nicht mehr vorstellen, aber wenn das Jahr kein gutes und fruchtbares war, wenn die Natur nicht freundlich gesonnen und die Elemente nicht in Harmonie waren, hatte das eine schlechte Ernte und damit unweigerlich Hunger und im schlimmsten Fall den Tod der schwächeren Mitglieder der Gemeinschaft zur Folge. Wenn wir uns da wieder hinein denken, können wir verstehen, dass alles getan wurde, um Fruchtbarkeit zu locken und zu feiern. Und natürlich war Fruchtbarkeit auch bei den Menschen wichtig für das Überleben der Sippen, denn sonst ging das Leben ja nicht mehr weiter. Die Menschen früher in der Zeit vor der Christianisierung dachten sehr bildlich und v.a. moralisch noch völlig frei und ungezwungen. Es brauchte einfach die Vereinigung von männlich und weiblich, damit Leben entstehen und fortbestehen konnte, das war eine wichtige Tatsache. Dies wurde auch als „Heilige Hochzeit“ von Göttin und Gott, von Erde und Sonne bezeichnet, denn den Ursprung allen Lebens sahen sie in der Verbindung von Mutter Erde, der Urgöttin oder Urmutter also, aus der alles Leben kommt, mit dem Sonnengott oder Lichtgott, der auch als Grüner Mann oder gehörnter Gott gesehen wurde. Dieser Lichtgott, oder Herr der Vegetation, der in unterschiedlichen Zeiten und Kulturen (also Jungsteinzeitlich bis hin zu den Kelten und Germanen) unterschiedliche Namen und Bezeichnungen trug, wurde zur Wintersonnenwende als Lichtkind in den dunklen Tiefen, im Bauch der Mutter Erde geboren, wuchs heran, befruchtete jetzt zu Beltane die weibliche Erde um dann zur Sommersonnenwende seine größte Kraft zu erreichen. Ab da stellte man ihn sich verwundet vor, getroffen von einem Speer oder Ähnlichem, so dass er allmählich wieder an Kraft verlor, bis er zum Ahnenfest ganz in der Erde verschwand, um dann eben dort im Bauch der Erde zur nächsten Wintersonnenwende wieder geboren zu werden. Und so wiederholt sich der Lebenszyklus immer und immer wieder seit und so lange es die Erde gibt. Die Verbindung von Männlich und Weiblich war also für unsere Vorfahren etwas Natürliches und sogar Wichtiges, ja Heiliges. Auch Sexualität war damals etwas Heiliges, denn sie brachte neues Leben hervor. Die Kirche hat sich ja dann so ziemlich alle Jahreskreisfeste einverleibt, hat sie einfach in der Bedeutung abgewandelt und die alten heidnischen Symbole umgewidmet, wie z.B. den Weihnachtsbaum, das Osterei oder den Hasen – alles uralte, heidnische Symbole und Bräuche. Nur bei Beltane hat die Kirche das einfach nicht hinbekommen. Wenn man bedenkt, dass die Menschen früher zu diesem Fest hinaus sind auf die Felder und sich in dieser sogenannten „Freinacht“ dort wild durcheinander geliebt haben, ist das auch irgendwie schwer vorstellbar und es ist klar, dass das den Hütern der keuschen Moral ein riesiger Dorn im Auge sein musste. Die vorchristlichen Menschen sahen das aber ganz anders, nämlich dass sie ihre eigene Sexualität und die damit verbundene Kraft und Fruchtbarkeit der Erde zum Geschenk machten, dass sie damit die Fruchtbarkeit der Erde und damit eine gute Ernte unterstützten. Kinder, die in dieser Nacht gezeugt wurden, wurden als ganz besondere Kinder betrachtet und in ihnen wurden besondere Fähigkeiten und eine besondere Kraft gesehen. Eine letzte Erinnerung an die eigentliche Bedeutung von Beltane, die bis heute überlebt hat, ist das Symbol dieses Festes schlechthin, der Maibaum, der sehr plakativ einen Phallus darstellt, der einen mit roten Bändern geschmückten Kranz oder sogar mehrere, durchbohrt. Lebenskraft sehr deutlich dargestellt! Ich weiß nicht, wie vielen von Euch diese Bedeutung des Maibaums bekannt ist, aber ich muss sagen, seit ich das weiß, schaue ich die Maibäume etwas anders an…. ;-) Und natürlich, das Maifest konnte nur als weltliches Fest überleben, komischerweise bei uns als Tag der Arbeit (jeder mag sich da jetzt selbst was dazu denken ;-) ). Die Kirche hat auf dieses Fest eine sehr standfeste und extrem keusche Heilige, die hl. Walburga, gelegt und den Mai gleich als kompletten Monat, sozusagen als der Unkeuschheit entgegengeschleuderte maximale Waffe, der Maria gewidmet, die ja bekanntermaßen jungfräulich schwanger wurde. Und was können nun wir hier und heute mit dem Maifest anfangen? Was kann es uns heute sagen? Natürlich, wie auch zu jedem anderen der acht Jahreskreisfeste können wir uns bewusst mit dem Lauf der Jahreszeiten verbinden. Wir können uns wieder in Erinnerung rufen, dass wir Teil der Natur sind, dass es auch für uns gut ist, mit diesen Zyklen zu leben und natürlich, dass es nicht selbstverständlich ist, dass wir immer einen gut gefüllten Teller haben und dass unsere Nahrung und damit auch unser Überleben untrennbar mit der Erde, den Elementen, den Pflanzen und den Tieren verbunden sind. Speziell zu Beltane steht für mich zusätzlich das Thema Männlich-Weiblich im Vordergrund. Und gerade in unserer jetzigen Zeit meine ich, dass es so wichtig ist, diese beiden Pole wieder in Einklang und v.a. auf Augenhöhe zu bringen. Deswegen gestalte ich das Ritual in der Regel, neben der großen Lebensfreude und dem sinnlichen Erleben der Natur, auch und insbesondere um diesen Aspekt herum. Wir bringen gemeinsam im Kreis Ausgleich und Heilung für eine gute und starke Männlichkeit, die stabil und unterstützend an der Seite einer Weiblichkeit steht, die wieder ganz in ihrer ursprünglichen Qualität und Kraft sein darf und darin und dafür respektiert und wertgeschätzt und nicht mehr gering geschätzt und abgewertet wird. Die weiblichen Qualitäten wie z.B. das Nährende, das Versorgende und Verbindende, das Weiche, das Fühlende, das Intuitive, die innige Verbindung zur Natur brauchen wir gerade sehr, wie ich ja bereits immer wieder geschrieben habe, damit unsere Welt und unsere Gesellschaft heiler werden und wir eine lebenswerte Zukunft gestalten können. Aber das reicht noch nicht. Denn wie uns die Natur deutlich lehrt, geht das Leben nicht ohne den Gegenpol, das Männliche, also das Stabile, Sicherheit gebende, das Zielgerichtete, gesund-aggressive etc. Diese beiden Prinzipien sowohl in jedem von uns selbst als auch in den Männern und Frauen, in der Natur und im Leben generell zu achten und zu respektieren, ein gutes Gleichgewicht zwischen ihnen herzustellen, das ist die Basis, auf der ein gutes, gesundes und liebevolles Leben möglich wird und dies machen wir im Ritual bewusst, sichtbar und fühlbar. Dazu lade ich jedes Jahr herzlich ein und freue mich, wenn vielleicht auch zunehmend mehr Männer mit in die Kreise finden, so dass wir das Männliche und das Weibliche gut vertreten haben für dieses in der aktuellen Zeit so wichtige Ritual!
von Catherine Weitzdörfer 12 März, 2024
Jedes Jahr, irgendwann im März, kommt er, dieser Moment. Der Moment, in dem wir merken: jetzt ist der Frühling da. Wir spüren, dass sich etwas um uns herum verändert hat, als ob sich ein Schalter umgelegt hätte. Natürlich gibt es schon zuvor, in der Zeit von Imbolc kommend, erste wärmere und sonnige Tage, die erahnen lassen, dass er nah ist, der Lenz. Wir haben schon den Specht klop fen gehört, der ihn uns ankündigt, oder auch die ersten Amselgesänge. Doch immer zwischen zwei Jahreskreisfesten gibt es irgendwann diesen einen Moment, in dem wir merken, dass die Energie nun tatsächlich gewechselt hat, in diesem Fall von Lichtmess zur Frühlingstagundnachtgleiche. Ist es nicht interessant, dass wir das immer wieder erfühlen können, ohne dass wir so ganz exakt wissen, warum? Und ist dies nicht eines der ganz wunderbaren Dinge am Leben mit dem Jahreskreis, dieses Wahrnehmen des stetigen, sanften, allmählichen und dann doch ganz klaren Wechsels der Zeitqualität? Dieses Mitgehen mit dem Geschehen in der Natur um uns herum? Es fühlt sich so gut an, als Teil der Natur und nicht getrennt von ihr zu leben, im Fluss zu sein, zugehörig zu sein. Ostara – die Frühlingstagundnachtgleiche ist einer der beiden Momente im Jahr, an denen Tag und Nacht genau gleich lang sind und an denen die Sonne genau im Osten auf- und im Westen untergeht, ebenso wie zu ihrem Gegenüber, der Herbsttagundnachtgleiche im September. Entsprechend ist dies auch einer der wesentlichen Aspekte beider Feste: das Gleichgewicht. In der Regel finde ich aber, dass diese Energie der Balance bei der Tagundnachtgleiche im Herbst wesentlich deutlicher wahrzunehmen ist, denn im beginnenden Herbst haben wir oft ruhige Wetterlagen und nach der starken Sonnenkraft des Sommers empfinden wir dieses Gleichgewicht wohl auch als irgendwie wohltuend, erleichternd, entspannend und ausgleichend. Jetzt im Frühling aber ist sehr viel mehr Dynamik zu spüren, die aufschießende Lebenskraft, die wir überall in der Natur wahrnehmen, das Drängen hinaus, die Aufbruchstimmung – all das lässt uns eher eine schier berstende Energie wahrnehmen, die den Aspekt des ruhigen Gleichgewichts, zumindest in meiner Wahrnehmung, immer deutlich überstimmt. Trotzdem lohnt es sich, sich dessen bewusst zu sein und zu diesem Fest einmal genau hinzuschauen, wo die Sonne auf- und untergeht, da wir also nur genau jetzt uns ganz exakt nach der Sonne und den Himmelsrichtungen ausrichten können! Mit diesem Moment des Gleichgewichts überschreiten wir gleichzeitig eine wichtige Schwelle: die in die helle Jahreshälfte. Ab nun werden die Tage wieder länger als die Nächte sein, das Licht mehr als die Dunkelheit. Es ist, als ob ein neuer Tag beginnt, mit all seinen Möglichkeiten. Wir stehen sozusagen am Sonnenaufgang des noch jungen Jahres – was für ein wunderbares, freudiges, optimistisches Fest! Für die Menschen früher war es eine unsagbar große Erleichterung, dass der lange und karge Winter vorbei war und die Natur wieder zum Leben erwachte. Die Kräuter und ihre grüne Kraft standen wieder als Nahrung zur Verfügung und so können jetzt die leeren Vitaminspeicher wieder aufgefüllt werden und der ganze Organismus kommt wieder in Schwung, wird durchgeputzt. Die Hühner legten wieder Eier – das tun sie natürlicherweise nämlich nur dann, wenn mehr Licht als Dunkelheit da ist, also eben erst ab der Frühlingstagundnachtgleiche. So gingen die Menschen in dieser Zeit in den Wiesen und unter den Hecken und überall umher, auf der Suche nach diesen nahrhaften und leckeren Geschenken der Hennen, und auch wir suchen heute daher immer noch nach Ostereiern! ;-) Die Menschen feierten diese Wiederkehr des Lichts mit großen Feuern und begrüßten damit die Sonne, deren Kraft nun immer stärker wird und die uns das Leben in der Natur mit ihren wärmenden Strahlen zurück bringt. Sie buken Gebildbrote für das Fest, die wir heute noch als Osterbrot kennen, oft in symbolischen Formen wie einer Sonne oder Sonnenrädern oder als dreifache Zöpfe. Letztere stehen bildlich für die dreigestaltige Göttin, die weiße, rote und schwarze, die schon bis zurück in die Steinzeit verehrt wurde und das Bild für unsere Urmutter Erde ist, die uns ernährt und mit allem versorgt, was wir brauchen. Jetzt im Frühling ist es die Zeit der weißen Göttin, die ja schon zu Lichtmess in Gestalt der Brigid die Bühne des Jahres betreten hat. Auch zu Ostara zieht sie noch übers Land, von Osten kommend, in ihrem Wagen, der oft von Hasen gezogen wird, die Symboltiere für Fruchtbarkeit schlechthin. Sie weckt die Lebenskraft der Erde und der Menschen und hinterlässt Eier als Symbol für das neue Leben. So kommt es wohl, dass wir auch heute noch den Osterhasen haben, der seltsamerweise Eier bringt….. An Quellen und Bächen kann man der weißen Göttin besonders leicht begegnen und so gingen insbesondere die junge Frauen, die sich ein Kind wünschten zu Ostara an diese heiligen Orte und grüßten dort die Göttin und baten darum, eine Seele zu empfangen. Doch auch alle anderen Menschen besuchten die Quellen und holten Wasser dort an diesem besonderen Tag, denn sie wussten, das zur Frühlingstagundnachtgleiche geschöpfte Wasser hatte heilende Kraft! Und so kochten sie aus den frischen, jungen, den Körper belebenden Kräutern und dem kraftvollen Quellwasser die alt-magische Neunkräutersuppe, so wie wir das auch heute noch jedes Jahr machen. Die Suppe gibt es dann als rituelle Speise nach dem gemeinsamen Ritual – das ist immer ein besonderer Schmaus für Leib und Seele!! Ein extrem wichtiger Aspekt dieses Jahreskreisfestes ist der Beginn des Vegetationsjahres, des landwirtschaftlichen Jahres – wir kennen alle noch das Lied: Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt… - und so wie zu vielen Jahreskreisfeste, v.a. im Sommerhalbjahr, gibt es auch hier wichtige Bräuche, die um ein gutes und fruchtbares Jahr bitten und um Schutz für die Ernte vor Unwetter, Blitz und Hagel. Das Binden des Ostarabuschens, den wir heute noch als Palmbuschen in der Kirche kennen, geht darauf zurück. Man band eine magische Anzahl (z.B. 7 oder 9 oder 12) von Hölzern und Zweigen zu einem Strauß, und zwar eine Mischung aus den Immergrünen, die uns mit ihrem Hoffnung gebenden Grün durch den Winter geholfen haben, und den neuen, jungen, knospenden Zweigen wie natürlich beispielsweise den Weidenkätzchen, die uns das neue Leben verheißen. Diesen Buschen band man um einen Haselzweig und steckte ihn am Rand der Felder in die Erde. In Österreich habe ich das oft auch heute noch gesehen als lebendigen Brauch. Die Kraft des magischen Buschens schützt die Felder und sorgt für eine gute Ernte dieses Jahres! Und was ist Ostara für uns heute? Wenn wir uns öffnen für das Geschehen in der Natur um uns herum, dann können auch wir ganz leicht die Lebendigkeit und Leichtigkeit dieser Zeit spüren und uns von ihr tragen lassen. Wir tun uns dann leicht, die Schwere des Winters loszulassen und in eine Stimmung des Aufbruchs und des Neubeginns kommen, die uns hilft, wieder in Bewegung zu kommen, sowohl körperlich, als auch geistig. Das Element, das diesem Fest zugeordnet ist, ist die Luft. Sie steht auch für Inspiration, Ideen, einen klaren und wachen Geist. Nach der tiefen Innenschau über den Winter, können wir also mit der Frühlingstagundnachtgleiche unsere Energie wieder nach außen richten, aktiv werden und die Visionen, die wir aus den Rauhnächten mitgebracht haben, real werden lassen und in die Tat umsetzen, und das alles mit der Leichtigkeit der frischen Frühlingswinde und der Unbedarftheit unseres heilen inneren Kindes. Ich wünsche Euch viel Freude, Kreativität und Fröhlichkeit – getragen vom wunderbaren Frühlingskonzert unserer gefiederten Freunde, die vielleicht mit ihrem Gesang und ihrer Lebendigkeit am allermeisten dazu beitragen, dass wir die Qualität von Ostara wirklich durch und durch fühlen und erfahren können. Lasst uns also rausgehen und ihnen zuhören, so oft es nur geht!
von Catherine Weitzdörfer 13 Juli, 2023
Das Jahreskreisfest Lughnasadh, das Botfest, die Kräuterweihe….. sicher eines der kraftvollsten Jahreskreisfeste, denn in ihm begegnen wir der Schnitterin, von der ich weiter unten noch erzählen werde….. Heuer ist die Natur ja weit voraus. Eigentlich ist Lughnasadh, das terminlich am 2.8. oder, wenn mit dem Mond gefeiert wird, bei abnehmenden Mond oder zum Vollmond im August stattfindet, der Beginn der Kornernte und das erste der beiden Erntefeste. Dieses Jahr aber sieht man überall schon im Juli abgeerntete Felder, das erste Korn ist also längst geschnitten. Früher war die Getreideernte ein extrem wichtiger Zeitpunkt im Jahr. Man hat dankbar und rituell das erste Brot aus dem neuen Korn gebacken und entweder achtsam und freudig beim Jahreskreisfest verspeist oder aber man hat es wieder eingegraben und so symbolisch der Mutter Erde als Dank zurück gegeben. Auch die letzten Ähren ließ man am Feld, die sogenannte Kornmutter. Nie hat man früher alles genommen, das war einfach nicht passend. Man ließ immer etwas für die Natur zurück, für die Tiere, für die Geister. Man ist fest davon ausgegangen, dass es einfach zu nichts Gutem führen würde, wenn man alles nehmen würde. Interessant, denn für mich steht dahinter sehr klar, dass es ein Bewusstsein gegeben haben muss dafür, dass wir Teil der Natur sind und eingebettet in ihre Kreisläufe, zusammen mit vielen anderen lebendigen Wesen aller Art, unserer Mitwelt also. In Gedanken sehe ich da einen Kreis, d.h. dass alle Menschen, Tiere, Pflanzen, Steine und was sonst noch in der Natur ist, gleichberechtigt diese schöne Erde bewohnen und keiner mehr oder weniger wert ist als der andere und dadurch natürlich auch keiner mehr oder weniger für sich beanspruchen kann, dass wir also gerecht teilen. Das empfinde ich als ein sehr schönes Bild, denn so wird in einer solchen „Kreisgesellschaft“, zu der nicht nur die Menschen gehören, Friede, Fülle, Mitgefühl und Fürsorge füreinander reichlich vorhanden sein. In den wenigen noch existierenden matriarchalen Kulturen ist das übrigens noch heute der Fall, so wie es bei uns vor einigen Tausend Jahren auch für sehr lange Zeit war. Die Kornernte hat also schon begonnen und wir sind mittendrin in der Zeit von Lughnasadh. Der Name des Festes kommt von dem keltischen Gott Lugh, ein sehr weit verbreiteter Gott im keltischen Raum, der Gott des Lichtes, sein Beiname war "Der Leuchtende". Lugh, der „Meister aller Künste“, ist Gott des Handwerks, der Kriegs- wie auch der Dichtkunst, Spender des Heils und Magier. Er durchdringt mit seiner Hitze in dieser hochsommerlichen Zeit alles, was noch zur Reife kommen muss und bringt so die Süße in den Früchten und die maximale Kraft in den Kräutern hervor (durch die hohe Konzentration der ätherischen Öle, die dadurch entsteht). Er verkörpert somit das Prinzip der Vollendung, führt letztlich auch zum Verblühen und Versamen und somit zum Vergehen, aus dem ein neues Werden entstehen wird. Er wurde sehr hoch geschätzt in keltischen Zeiten und viele bedeutende Orte wurden nach ihm benannt wie z.B. Lyon (Lugdunum) oder andere. Natürlich hat er auch die entsprechende Göttin an seiner Seite, die Erd- oder Erntegöttin, die viele verschiedene Namen hatte in den verschiedenen Regionen Mitteleuropas. Im nordischen, in der Edda, entspricht der Gott Loki dem keltischen Lug. Hier gibt es die schöne Geschichte, an die ich, seit ich sie kenne, immer wieder denken muss, wenn ich an einem abgeernteten, goldenen Kornfeld vorbei komme. Loki hat der Kornmutter, der Erdgöttin Sif, die wiederum die Frau des Donnergottes Thor war, die wunderschönen, langen goldenen Haare abgeschnitten. Dies hat ihren Ehemann natürlich sehr erzürnt und er zwang Loki dazu, das Haar zu ersetzen. Dieser machte das, indem er zwei Zwerge dazu brachte, das Haar wieder wachsen zu lassen und jedes Jahr wiederholt sich diese Geschichte. Die Zwerge lassen ab dem Frühjahr die goldenen Haare der Sif wieder wachsen bis Loki, der Gott des Hochsommers und der Hitze, sie wieder abschneidet, was Thor erzürnt (Sommergewitter). Wie schön bildlich diese alten Geschichten doch das Geschehen in der Natur abbilden, oder? In den alten Kulturen wurde dieses geerntete Gold gefeiert und die Frau des Hauses buk, wie schon erwähnt, rituell das erste Brot aus dem neuen Korn. Dies war eine wirklich feierliche Handlung! Zu dieser Zeit hatten die „Hausfrauen“ auch noch extrem hohes Ansehen, es war ja quasi Alchemie, dass sie mithilfe des Feuers aus dem Korn wohlschmeckendes Brot erschaffen konnten. Die Frauen waren daher die Nährenden, all die Handlungen wie backen, kochen, das Heim wohlig machen, Wärme und Geborgenheit geben, all das wurde sehr hoch geschätzt und die Frauen hatten ein hohes Ansehen. Die auch heute noch hochstehende „Lady“ kommt vom angelsächsischen „hlofdige“, was „Brotteigkneterin“ bedeutet…. Ob das den englischen Ladies und ihren Lords wohl bewusst ist? Und ob die noch selber den Brotteig kneten? ;-) In den Frauenkreisen versuche ich in uns, auch in der heutigen Zeit, die Erinnerungen daran aus dem Verborgenen und aus dem Vergessen wieder hervor zu holen, das Bewusstsein dafür wieder zu finden, dass all diese alltäglichen Dinge eigentlich weibliche Magie sind, dass sie große Kraft haben und sehr hoch zu werten sind! Vielleicht kann das auch für meine Leserinnen hier ein kleiner Impuls sein, beim nächsten Kochen oder Backen da einmal hin zu spüren und ganz bewusst Gutes, Kraft, Magie und Liebe in das Essen zu rühren oder zu kneten und v.a. sich dessen bewusst zu sein, dass all diese Tätigkeiten, die heute oft als „Heimchen am Herd“ abgewertet werden, in Wahrheit die ganz wesentlichen Dinge des Lebens sind, wertvoll und unersetzlich und dass ihnen eine ganz besondere Kraft innewohnt. Der Aspekt, der dieses Jahreskreisfest aber so besonders kraftvoll macht, wie ich eingangs schon erwähnt hatte, ist die Figur der Schnitterin. Die Schnitterin verkörpert einen Aspekt der alten dreifachen Göttin, mit der die Menschen schon in vor-keltischer Zeit lebten, die sich wandelt von der weißen (der jungen, freien Frau) über die rote (die Mutter und fruchtbare Frau) hin zur schwarzen Göttin (die alte Weise). Darin erkennen wir die drei Hauptaspekte weiblichen Lebens, die wir auch im Jahreslauf in der Natur und bei Mutter Erde sehen können. Jetzt, zum ersten Erntefest, das im Lebensalter des Menschen ungefähr der Zeit um die 50 entspricht, kommen die ersten Aspekte der schwarzen Göttin ins Spiel, das Gewand der roten Göttin färbt sich sozusagen dunkelrot. Die Schnitterin ist es, die das Korn schneidet. Sie weiß, durch die Erfahrung und die Reife, die sie im Leben bereits erlangt hat, wann ein Schnitt gesetzt werden muss, wann dem Getreidehalm oder dem Heilkraut der Tod gebracht werden muss, damit das Leben weiter gehen kann. Sie weiß um Werden, Vergehen und Wieder-werden. Sie hat die Kraft zu durchtrennen, wo es nötig ist und damit auch zu lösen, was dem Leben nicht dienlich ist. Ich persönlich empfinde diesen Archetyp der Schnitterin als eine ganz großartige, jedoch auch sehr stark Respekt einflößende Figur mit einer sehr tiefen, aber auch ruhigen und zentrierten Kraft, die sich aus Lebenserfahrung und Weisheit speist. Und ich nehme sie bei aller Kraft trotzdem als im Kern gütig, weich und liebevoll wahr, denn das ist der allertiefste Aspekt, der dem Bild der Ur-Göttin in allen ihren drei Erscheinungsformen, und damit auch Mutter Erde innewohnt: die allumfassende, tiefe, mütterliche Liebe, nährend, Geborgenheit, Schutz und Halt gebend, kompromisslos und mitfühlend zugleich, immer darauf ausgerichtet, was dem Leben und damit dem großen Ganzen dient. Ihr Symbol ist die Sichel, die damit auch das Symbol dieses Jahreskreisfestes ist, denn mit ihr schneidet sie das Korn und mit ihr werden wir auch in unserem Ritual zu diesem Fest durchtrennen und lösen, was uns belastet, beschwert, was ausgedient hat oder was einfach faul und morsch und damit nicht dem Leben dienlich ist. Für mein Empfinden ist die Schnitterin heuer sehr präsent. Das mag aber auch nur mein persönlicher Eindruck sein, denn mir ist sie gerade besonders nahe, da ich vor kurzem die Schwelle zur 50 überschritten habe, nun also, was das Lebensalter betrifft, in ihrem Einflussbereich oder aber auch in ihrer Begleitung bin. Sehr berührt hat mich da, dass ich zu diesem besonderen Geburtstag tatsächlich auch von einer jungen, und doch schon sehr weisen Frau, zu diesem Anlass eine wunderschöne Sichel bekam – ein sehr stimmiges Geschenk. Sie wird im Ritual dieses Jahr in der Mitte ihren Platz haben und mit ihr werden wir alle im Kreis symbolisch unsere kraftvollen Schnitte machen! Durch das aktive Leben mit dem Jahreskreis und all seinen Aspekten bekommen wir jedes Jahr wieder die Gelegenheit, uns mit all den unterschiedlichen Archetypen zu verbinden und ihre besonderen Eigenschaften und Qualitäten für unser Leben zu nutzen, egal, in welchem Alter wir uns in Wirklichkeit gerade befinden. So können wir uns beispielsweise im fortgeschrittenen Alter jeden Frühling mit der frischen und erneuernden Kraft der Kindheit, der Jugend und des Neubeginns verbinden oder umgekehrt kann man als junger Mensch die Energie des Herbstes und Winters, des Erntedanks, der Ahnenzeit oder der Rauhnächte, nutzen, um tief in sich selbst die Ruhe und Weisheit der oder des alten Weisen in uns tief drinnen zu erspüren. Bewusstes Leben mit der Natur hat so viele hilfreiche und wunderbare Gaben in sich, wir brauchen einfach nur wahrzunehmen, hinzuschauen, zu spüren und uns einzulassen! So kann unser Leben leichter fließen….. Ja, und so wünsche ich Ihnen und Euch allen einen guten Sommer, die Kraft von Lugh und der Schnitterin an der Seite, so dass die Sonne und Wärme des Hochsommers Euch tief durchdringen und Klarheit und liebevolle Stärke Euch begleiten mögen! Herzlich, Catherine Weitzdörfer
von Catherine Weitzdörfer 05 Juni, 2023
Magischer Bayerwald…. Ja, das mag er gewesen sein, der Wald. Doch beim Anblick der reinrassigen Fichtenplantagen von heute überkam mich mal wieder so sehr die Traurigkeit, Wut und Fassungslosigkeit darüber, was die Menschheit da anstellt mit der Natur und mit der Erde, wie der Mensch das Gleichgewicht stört und vernichtet, wo er nur kann…. Natürlich kann einem da nur der Gedanke kommen, dass der Borkenkäfer ein Helfer des Waldes ist, der uns deutlich zeigt: so ist das nicht richtig, so geht das nicht! Dabei ist die Fichte an sich ein so wunderbarer, zutiefst mütterlicher, segnender und heilkräftiger Baum und gerät aufgrund dieser Monokulturen seltsamerweise auch bei Naturliebhabern in Misskredit. Doch weder hat die Fichte selbst in diesen Steckerl-Plantagen ausreichend Raum sich zu entfalten, noch hat sie ein Umfeld, das für sie selbst und andere Pflanzen und Tiere ein guter Platz zum Leben sein kann…..
von Catherine Weitzdörfer 02 Juni, 2023
Wir nähern uns dem Maifest! Die Obstbäume und Sträucher blühen in rosa und weiß und es kommen immer wieder herrliche Duftwolken an unserer Nase vorbei – für mich jedes Jahr der eindeutige Hinweis, dass Beltane nahe ist. Das Maifest ist das Fest der Sinne schlechthin, das Fest des Genießens, das Fest des Lebens. Gegenüberliegend auf dem Jahresrad finden wir das Ahnenfest Samhain / Halloween, das Fest für die Toten. Beltane dagegen ist der Gegenpol, das Fest für die Lebenden mit allem, was zum Leben dazu gehört. Es war einst das Fest des Sommerbeginns (da war es etwas wärmer auf der Erde als jetzt) und der heiligen Hochzeit zwischen der Muttergöttin (der Erde) und dem gehörnten Gott oder dem grünen Mann oder dem Sonnengott, seine Gestalt wechselt je nach Region und Zeit und Überlieferung. Gleich bleibt aber, dass es immer um die Vereinigung des männlichen und weiblichen Prinzips geht, damit das Leben weitergeht und Fruchtbarkeit möglich ist auf dieser wunderschönen Erde. Ganz wichtig für die Lebendigkeit und das Wachstum sind auch die Naturwesen, die besonders zu Beltane sehr aktiv und präsent sind (und auch noch zur Sommersonnenwende, wie in Shakespeares Sommernachtstraum zu lesen ist), also die Elfen, Feen, Zwerge und Faune. Alles nur Märchen? Kinderphantasien? Tja, das dachte ich auch mal. Ja, die Kinder können diese Wesen bis zu einem bestimmten Alter oft noch sehen, aber wir Erwachsenen erklären ihnen dann, dass sie sich das nur einbilden und dass das ja nicht „echt“ ist. Tatsächlich verliert sich diese Wahrnehmung auch ganz von selber wieder in den meisten Fällen wenn wir älter werden. Aber sind die Naturwesen dann deshalb ganz bestimmt nur Phantasiewesen? Nun, ich habe inzwischen ein paar Menschen getroffen, die sagen, dass sie die Naturwesen sehen können. Ich selber kann das nicht, meine aber, dass ich ihre Anwesenheit an bestimmten Plätzen fühlen kann. Dort ist dann eine sehr besondere Lebendigkeit zu spüren und es „packt“ einen irgendwie etwas an diesen Orten, das man aber nicht richtig fassen und erklären kann, es flirrt könnte man sagen. In GB gab es einen Mann, Roc genannt, mit vollem Namen R. Ogilvie Crombie (1899 - 1975), der ausführlich von seinen Begegnungen mit den Naturgeistern berichtet und mich damit in meiner eigenen, intuitiven Wahrnehmung bestätigt hat. Er war eng verbunden mit der Findhorn Gemeinschaft in Schottland, die wir 2019 besucht haben, ein wirklich wunderbarer Ort. Dort wuchsen an einem völlig ungeeigneten Platz was die Bodenbeschaffenheit angeht (Sanddünen), unfassbare Erträge an Gemüse und anderen Pflanzen, rein aus dem geistigen Verbinden und der Kommunikation mit den Wesen der Natur. Mich hat dieser Mensch Roc sehr berührt und ich finde seine Schilderungen einerseits total phantastisch und gleichzeitig sehr geerdet und authentisch. Er selbst erklärt die Wahrnehmung dieser Wesen auch als eine Energie, die spürbar ist, die Lebenskraft, die allem innewohnt letztlich, doch da der menschliche Geist einfach Formen braucht um sich etwas vorstellen zu können, das er unspezifisch wahrnimmt, entstanden die Bilder von Feen, Elfen etc. Zur weiteren Lektüre kann ich zwei Bücher sehr empfehlen, wenn Ihr da mal tiefer vordringen wollt in diese zauberhafte, lebendige Welt der Naturwesen, die so voller Liebe ist: 1. Der magische Garten von Findhorn (https://www.aurinia-shop.de/de/findhorn-gemeinschaft-der-magische-findhorn-garten) und 2. Der Mann, der mit den Elfen sprach (https://www.pranahaus.de/der-mann-der-mit-den-elfen-sprach-3610600 ). Ja und nun zurück zu Beltane: da es die vorrangige Aufgabe der Naturwesen ist, wachsen zu lassen, Leben anzuregen und Lebendigkeit zu verströmen, ist es nur naheliegend, dass dieses Fest genau das ihre ist. Vielleicht kommt ihr gelegentlich auch an Plätze, gerade jetzt in dieser aufbrechenden Zeit, wo ihr diese besondere Qualität spüren könnt…. Wenn Ihr mögt, öffnet Euch doch einfach mal dafür und beobachtet mit allen Sinnen (auch den inneren), was geschieht! Über Erfahrungsberichte freue ich mich!
von Catherine Weitzdörfer 02 Juni, 2023
Ich komme an einen zauberhaften Platz, ein Garten, ein verwunschener Platz, sehr naturbelassen, mit großen Bäumen, Hasel- und Holunderhecken, völlig geschützt vor der Welt draußen. Als ich näher komme, sehe ich die Feuerstelle und darum herum einen Kreis schattenhafter alter Frauen, die mich freundlich zu sich her winken. Ich kann die Frauen mehr fühlen und ahnen, als sie sehen. Ich bin hierher gekommen, um eine Feuerzeremonie im Frauenkreis durchzuführen, habe alles, was ich dazu brauche mitgebracht und lege es neben dem runden, aus großen Steinen angelegten Feuerplatz ab: trockene Zweige und größere Äste, die ich speziell zu diesem Zweck gesammelt habe, Papier, Anzünder aus Sägespänen und Bienenwachs, ein Feuerzeug. Die Schattenfrauen nicken wohlwollend. Zuletzt nehme ich noch meinen Herdstein heraus und lege ihn neben die Feuerstelle auf die Erde. Er wird unser Feuer mit den Herdfeuern aller Frauen aller Zeiten verbinden und es verankern in der Kraft aller Feuerzeremonien vor uns. Die Schattenfrauen rücken ein wenig zur Seite und nicken mir aufmunternd zu. Ich bereite das Feuer vor, lege Papier aus, darin die Anzünder, gebe einige kleine und dünne Zweige darüber, dazu noch ein paar kräftigere Äste oben drauf. Dann entzünde ich das Feuer und schnell lodern die Flammen empor. Es prasselt und knistert. Rauch steigt auf und hüllt mich in seinen schützenden Mantel ein. Die Flammen spielen mit Licht und Schatten und geben wohlige Wärme. Es geht gut an, das Feuer, und ich gebe noch ein paar kräftige Zweige hinzu, so dass es sicher und gut brennt. Dann nehme ich meine Trommel und schlage einen kräftigen, rufenden Rhythmus. Da sehe ich auch schon die Frauen kommen, die mit mir in dieser Feuerzeremonie im Kreis sein werden. Sie nähern sich und nehmen um das Feuer herum ihre Plätze ein, während die Schattenfrauen ein wenig zurück weichen und einen schützenden Kreis um uns herum bilden. Als alle angekommen sind und gut am Feuer sitzen, lasse ich die Trommel wieder schweigen. Stille tritt ein, nur das Prasseln des Feuers ist zu hören. Nachdem ich noch ein paar Äste nachgelegt habe und mit einem weiteren Stock das Feuer arrangiere und pflege, so dass die Flammen gut Nahrung haben, nehme ich die mitgebrachten Gläschen mit Salz, Erde und Salbei heraus. Ich gebe zunächst eine Prise Salz als Gabe für Wahrheit und Klarheit ins Feuer und reiche das Glas dann herum und jede Frau macht es ebenso. Dann gebe ich eine Prise Erde in die Flammen für die Erinnerung und zur Ehrung aller Frauen und aller Feuer vor uns, und alle Frauen reihum tun es mir gleich. Zuletzt gebe ich noch den Salbei hinzu für Weisheit und Magie, die Frauen im Kreis ebenso. Als letzte Gabe an das Feuer schenkt jede Frau den hell leuchtenden und wärmenden Flammen einen mitgebrachten Ast, umwickelt mit rotem Garn und bemalt mit rotem Ocker – ein Symbol für unsere große weibliche Kraft und für unsere Fruchtbarkeit und unsere tiefe Verbundenheit mit unserer Urmutter, der Mutter Erde. Wir sitzen und spüren nicht nur die äußere Wärme des Feuers, sondern in uns allen wird beim Blick in das magische Licht der Flammen das Herz weit und warm. Die urzeitliche Erinnerung an die vielen Feuer, um die wir Frauen schon zusammen gesessen sind, wird wach. Die Verbundenheit, die Nähe, das Mitteilen und Zuhören und Mitfühlen, die Schwesternschaft erwacht in der Tiefe unserer Knochen. Und so geben wir unsere Worte ins Feuer. Jede der Frauen reihum teilt, was ihr Herz gerade teilen möchte, was Erleichterung sucht im Gehörtwerden durch die Schwestern am Feuer, wovon ihre Seele überfließt. Manche Schwester teilt auch ihre Stille und alle anderen halten sie darin in der Seelenwärme des Feuerkreises. Eine teilt ihre Tränen, eine andere ihr Lachen, die eine ihr Lied, die andere ein Gebet und ein Sehnen. All das wird getragen und beleuchtet durch das helle, warme Feuer, wird geschützt durch den aufsteigenden Rauch, wird verankert in der leuchtenden Glut und träumt am Ende weiter in der hellen, feinen Asche. Und jede gibt dann eine Handvoll getrocknete Kräuter und Harze ins Feuer und ehrt es damit und gibt ihren Dank, und die Flammen antworten und lodern hell auf. In Stille sitzen alle Frauen noch im Kreis, bis das Feuer erloschen ist und die Kühle der Nacht spürbar wird. Jedoch im Herzen und in der Seele zutiefst gewärmt und gestärkt lösen wir den Kreis auf. Ich nehme etwas von der Asche mit mir und bewahre sie auf, zusammen mit der Asche vieler anderer Feuer, die sich auf diese Weise verbinden und ihre Kraft miteinander verweben. Wir verlassen diesen märchenhaften, magischen Platz und überlassen ihn wieder den Bäumen, den Haseln, dem Holunder, den Tieren und den Naturwesen, die hier leben. Was wir mitnehmen in unsere Leben ist die tiefe Kraft und Wärme des Schwesternkreises ums Feuer und die uralte Erinnerung, die wir in unseren Knochen erweckt haben. So können wir wieder erfüllt, das Lied unserer Seele wieder hörend, mit uns selbst und mit den anderen Frauen im Herzen verbunden, unseren alltäglichen Aufgaben nachgehen. Denn was ist das Feuer, was ist der Herd letztlich anderes als ein Bild für das menschliche Herz, für die Liebe, die Wärme, das Mitfühlen, die Freundlichkeit und Gastlichkeit, die Kreativität und Lebensfreude, die ein menschliches Herz empfinden und geben kann, gewärmt an einem Feuer, das flackert und brennt mit der Ausrichtung und der Absicht, in der es entfacht und genährt wird. Und da ist es völlig egal, ob es ein Holzfeuer ist oder eine Kerze auf einem Tisch in einem gastlichen Haus. Denn das Herz ist es, das den Geist des Feuers erweckt oder eben nicht. Und wenn es die Herzenswärme ist, die das Feuer brennen lässt, dann sind auch die Schatten-Ahnfrauen immer in der Nähe, geben uns Begleitung, Schutz, Ausrichtung und Ahnungen. Zu jeder Zeit in allen Zeiten und an allen Orten. Anmerkung: oibelo ist das proto-keltische Wort für Feuer/Flamme; proto-keltisch ist die hiesige mitteleuropäische Ur-Muttersprache, überliefert aus der Bronzezeit. Sie wanderte dann hinauf bis auf die britischen Inseln. Aus dem dort heute noch gesprochenen Gälisch wurde das Proto-Keltische rekonstruiert. © Copyright 2023 CATHERINE WEITZDÖRFER . NATÜRLICHKEIT LEBEN Dr.-Gessler-Str. 18 . 93051 Regensburg . Tel. 0941 5674227 kontakt@natuerlichkeit-leben.de . www.natuerlichkeit-leben.de
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